Vortrag Dr. Sybille Chiari Teil 1

Im Rahmen der Vortragsreihe Klimabildung for Future hielt Dr. Sybille Chiari einen umfangreichen Vortrag über die Chancen und Tücken der Klimakommunikation. In einem ersten Beitrag dazu möchte ich ihre Tipps zur effektiven Kommunikation von Klimafakten zusammenfassen.

Fakten verständlich visualisieren

Ausgangspunkt ihres Vortrags ist die Erkenntnis, dass Klimawissenschaft immer einer Übersetzerarbeit bedarf, um einem breiten Publikum zugänglich zu werden: Klimadiagramme lassen die meisten Menschen kalt; auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Klimaszenarien (also zum Beispiel die doch beträchtlichen Unterschiede zwischen 1,5 oder 2 oder 4 Grad Erwärmung) sind für die meisten nur sehr schwer vorstellbar.

Um Klimafakten effektiv zu kommunizieren, müssen sie greifbarer werden. Hilfreiche Ressourcen dabei sind zum Beispiel die Projekte Carbon Visuals oder Floodmaps. Auch durch den Einsatz von Bildern (zum Beispiel von Climate Visuals) können die Klimakrise und ihre Auswirkungen überzeugend kommuniziert werden.

Der tägliche CO2 Ausstoß von New York bildlich dargestellt. Photo credit: Carbon Visuals.

Große Unwissenheit in der Bevölkerung herrscht auch noch über die Effektivität individueller Klimaschutzmaßnahmen. So wird Klimaschutz in Österreich zum Beispiel oft mit dem Verbot von Plastiksackerl assoziiert und das Land als Musterschüler beim Klimaschutz angesehen. Das stimmt leider so nicht. Effektive Lösungen zu propagieren muss deshalb Fokus jeder Klimakommunikation sein. Hier hilft zum Beispiel der En-Roads Climate Solutions Simulator von Climate Interactive.

Was muss getan werden um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten? Der En-Roads Climate Solutions Simulator zeigt wie es geht.

Wissen alleine reicht nicht

Wissen allein schafft allerdings nicht die Voraussetzung für tatsächliche Veränderung. Der Hintergrund: eine gewisse kognitive Dissonanz, also die Diskrepanz zwischen dem Wissen, dass unser Handeln dem Klima (und in weiterer Folge auch uns selber) schadet, und unserem Handeln. Diese Dissonanz gibt es in den meisten von uns, viele können damit aber ganz gut leben und handeln wider besseres Wissen klimaschädlich.

Wenn sich Menschen für Klimaschutz einsetzen, dann sind sie auch emotional davon überzeugt, dass dies richtig und wichtig ist. Neben der Wissensebene gilt es deshalb auch die Emotionen des Zielpublikums anzusprechen – aber welche?

Klimakommunikation ist immer eine Gratwanderung zwischen Alarmismus und Beschönigung: Zu viele negative Informationen bergen die Gefahr, dass sie nicht mehr zum Handeln motivieren. Ein rein positiver Fokus auf Hoffnung wird jedoch dem Ernst der Lage nicht gerecht.

Kommunikation dem Zielpublikum anpassen

Welche Form Klimakommunikation dann konkret annimmt, hängt vom Zielpublikum ab. Manche Zielgruppen, wie zum Beispiel die Wirtschaft, vertragen laut Chiari durchaus Klartext in Form einer sehr deutlichen Sprache. Immerhin sind Greta Thunberg und die Fridays for Future auch deshalb so erfolgreich, weil sie vehement und ohne Beschönigung auf den Ernst der Lage hinweisen.

Fordern von der Wirtschaft ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen: Fridays for Future und Extinction Rebellion. Photo credit: Franziska Marhold.

Gleichzeitig bedarf es jedoch auch einer positiven Vision, wohin wir uns als Gesellschaft weiter entwickeln wollen, um diese Veränderung angehen zu können.

Die Zielgruppe bestimmt auch, welche Facette der Klimakommunikation im Vordergrund steht: Was ist dieser Zielgruppe wichtig, und welche Auswirkungen hat die Klimakrise auf sie? Was möchten sie beschützen? Bei einem konservativen Publikum wäre das zum Beispiel die Wirtschaft. Immerhin belaufen sich die Kosten des Nicht-Handelns in Österreich derzeit schon auf 15 Milliarden Euro jährlich.

Bei anderen Zielgruppen rät Dr. Chiari, die Klimakrise in der Argumentation gar nicht zu erwähnen. Diese Meinung vertritt übrigens auch Harald Welzer von der Stiftung Futur Zwei: „Eine autofreie Stadt ist auch dann gut, wenn es keinen Klimawandel gäbe“. Viele Klimaschutzmaßnahmen schlagen mehrere Fliegen mit einer Klappe: Sie sparen nicht nur CO2-Emissionen, sondern schaffen auch allgemein mehr Lebensqualität und Gesundheit durch saubere Luft, weniger Lärm, qualitatives Essen etc. Wir sollten also, wenn wir uns für Klimaschutz einsetzen, nicht nur mit dem drohenden Weltuntergang argumentieren, sondern aufzeigen, welche Vorteile eine Welt ohne fossile Brennstoffe hätte.

Autofreie Städte bieten mehr Lebensqualität.

Dr. Chiari liefert also keine fertigen Rezepte für Klimakommunikation, aber dafür viele konkrete Tipps und nützliche Ressourcen, wie diese besser gelingen kann.

In einem zweiten Beitrag zum Vortrag wird es um Barrieren des Klima-Handelns gehen und wie diese überwunden werden können.

Quelle: Mestel, R., Hutter, H.-P., Kenner, L. (2020), Klimapolitik in Österreich: Innovationschance Coronakrise und die Kosten des Nicht-Handelns, Wegener Center Research Briefs 1-2020, Wegener Center Verlag, Universität Graz, Austria, Juni 2020. https://doi.org/10.25364/23.2020.1)