Ich muss gestehen, ich habe Angst. Die Ereignisse der letzten Tage und ihre wahrscheinlichen Folgen sind allesamt nur schwer zu verdauen. Ein Anschlag in meiner Heimatstadt, rasant steigende Corona-Zahlen und ihre Kollateralschäden, die US-Wahl auf Messers Schneide …
In Momenten wie diesen gehe ich vom Schlimmsten aus: Der Anschlag in Wien als Freibrief für unsere Regierung, demokratische Grundrechte einzuschränken, eine Kultur der Angst, die Fremdenfeindlichkeit schürt und unsere Gesellschaft spaltet, unsere Wirtschaft am Boden, der Untergang der US Demokratie und das beklemmenden Bewusstsein, dass auch hier in Österreich bereits die Fundamente unserer Demokratie fleißig ausgehebelt werden.
Richtig schlimm wird es, wenn die klimapolitische Perspektive meiner Sorgen in den Vordergrund rückt. Unsere westlichen Gesellschaften in den Händen von prinzipienlosen Populisten, denen Klimaschutz vollkommen egal ist; die Wirtschaftskrise als Ausrede, um notwendige Klimapolitik in die ferne Zukunft zu verschieben.
Nicht Ängste loswerden, sondern mit ihnen leben lernen
Dabei bin ich heute auf eine interessante Rezension gestoßen: Wege aus der Angst von Gerald Hüther. Es geht in dem Buch nicht um die Frage, wie wir unsere Ängste loswerden können, sondern wie wir mit ihnen leben lernen. Denn Angst löst im Menschen ein Gefühl der Ohnmacht aus – die typischen Reaktionen sind Flucht, Erstarrung und Angriff.
Wir haben es also wieder schwarz auf weiß, dass Angstmache keine gute Strategie für Klimakommunikation sein kann, so berechtigt die Angst auch sein mag.
Leider verrät die Rezension nicht konkret, wie wir mit unseren Ängsten leben sollen oder können. Aber vielleicht später an dieser Stelle mehr.
Und wie geht das?
Bei mir persönlich, indem ich sozial aktiv werde: Andere Menschen treffen, für sie kochen oder backen, mich mit ihnen austauschen – das relativiert nicht nur die eigenen Sorgen, sondern zeigt mir auch, wie andere damit umgehen. Das erweitert den Horizont und macht offener – für andere Perspektiven, für Alternativen, vielleicht für Lösungen. Und meinen manchmal verloren gegangenen Glauben an die Menschheit gewinne ich zum Beispiel wieder, wenn ich bei einer Demonstration hautnah miterleben kann, wie unglaublich viele andere Menschen sich für Klimaschutz, Rechtsstaat und Menschenrechte einsetzen.
Was tut ihr gegen die Angst? Wie kommuniziert ihr über die aktuelle Situation? Teilen wir hier Perspektiven!
November 20, 2020 um 8:24 pm
Ich habe auch Angst vor den Auswirkungen der Klimakrise. Wir haben einen Garten in der Wachau, den wir sehr lieben und der Jahr für Jahr mehr unter der Trockenheit leidet, sodass immer mehr Bäume in Hanglage absterben. Sogar wunderschöne Eichen erwischt es. Natürlich frage ich mich dann auch, in was für einer Welt meine Kinder und mein Enkel einmal leben werden müssen. Werden wir überhaupt noch genug ernten für so viele Milliarden Menschen?
Mein Rezept gegen die Angst ist es, meinen Lebensstil Schritt für Schritt klimafreundlicher zu gestalten. Mit jedem neuen Schritt fass ich Mut, dass auch andere sich ändern können, wenn es mir selbst gelingt, obwohl ich nicht der Mensch mit der Riesen-Disziplin bin.
Aber noch wichtiger ist es auch für mich, mich zu vernetzen mit Gleichgesinnten und sich gemeinsam zu engagieren für politische Veränderungen und wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Wenn man hier etwas erreicht, dann gibt das am meisten Hoffnung und die Fridays for Future Bewegung hat aus meiner Sicht doch schon etwas bewegt. Auch wenn alles immer noch viel zu langsam geht.
Danke übrigens für den tollen BLOG. Eine super Idee! 🙂
November 20, 2020 um 9:26 pm
Liebe Marion, danke für deinen tollen Beitrag!