Wie kann man klimafreundlich wohnen?

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Ich halte mich für einen einigermaßen nachhaltig lebenden Menschen. Ich kaufe so viel wie möglich Secondhand, besonders für meine Tochter, und gebe ebenso viel noch Brauchbares weiter. Ich trenne meinen Müll und versuche, gleich gar nicht so viel davon zu produzieren. Ich bin seit Jahren nicht mehr mit dem Flugzeug geflogen (was nicht nur mit Covid zu tun hat), fahre so wenig wie möglich mit dem Auto, schalte über Nacht meine Standby-Geräte aus und kaufe ein neues Handy erst dann, wenn das alte wirklich kaputt ist. Trotzdem ist mein Fußabdruck längst nicht so niedrig, wie ich es mir wünschen würde. Ein jüngster Grund, mich damit zu befassen, ist meine Wohnsituation.

Vor kurzem sind wir umgezogen. In unserem Fall weg aus Wien, einer Großstadt, die ich immer als vergleichsweise lebenswert empfunden habe. Der Umzug hatte in erster Linie familiäre Gründe – die aber auch unsere persönlichen Werte berühren. Da geht es nicht nur darum, näher bei der Oma zu sein, oder darum, dass meine Tochter mit einem Garten aufwächst. Es geht schnell auch um Fragen wie die folgenden, die alle auch Klimafragen implizieren. Das klingt nach hehren Zielen, großen Ideen, Holzbauweise und Niedrigenergie. Doch zugegeben, viele Antwortmöglichkeiten lassen sich gar nicht zu Ende denken. Die Realität – das Immobilienangebot, die persönlichen Ressourcen usw. – setzt bald gewisse Grenzen. Aber zumindest im Kopf gewälzt habe ich diese Fragen alle:

Mehr Stadt oder mehr Land?

Heißt: Wie komme ich künftig von A nach B?

Mehr Land klingt auf den ersten Blick natürlich „grüner“: Garten, in Kärnten vielleicht Wald oder See. Ich bin aber schnell zu dem Schluss gekommen: In der (Klein-)Stadt zu sein ist für uns nicht nur bequemer, sondern auch umweltfreundlicher. Denn gleich stellen sich die Fragen: Brauchen wir für die täglichen Wege ein Auto? Das hieße für uns, ein zweites Auto. Gibt es öffentliche Verkehrsmittel? Schon am Stadtrand maximal ein Bus in der Stunde. Kann ich mit dem Rad fahren? Realistisch betrachtet nur, wenn ich nicht von weit außerhalb komme. Dazu kommt, dass meine Mutter nicht mobil ist. Alles sprach für kurze Wege in der Stadt. Zumindest diese Frage war also relativ einfach zu klären.

Wohnen am Land: wirklich „grün“?
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Wohnung oder Haus?

Heißt: Über versiegelte Flächen, Heizung und Entscheidungsfreiheit nachdenken.

Klar war: Wir haben eine Tochter (also Kinderzimmer) und arbeiten beide viel von daheim (also Raum für Homeoffice). Mir hätte eine Wohnung mit Balkon gereicht, mein Mann träumte von einem Haus mit Garten. Wie viel Wohnfläche (ver)brauchen wir? Eine Wohnung kann in einem oberen Stock sein, ein Haus braucht Grund und Boden. Wollen wir wirklich zusätzlichen Boden versiegeln? Wie und womit heizen wir, und können wir über diese Dinge selbst entscheiden? In einem Wohnhaus sind solche Dinge vorgegeben, in einem bestehenden Einfamilienhaus gibt es vielleicht Alternativen, bei einem Neubau eventuell mehr Möglichkeiten. Und diese Frage impliziert mindestens eine weitere Stufe: die Kosten, die entstehen, oder Förderungen, die wir bekommen könnten. Was da am umweltfreundlichsten und effizientesten ist: schwer zu sagen.

Altbestand kaufen oder neu bauen?

Heißt: Wie alt darf Altbestand sein, kann oder muss man sanieren und tut man sich das an?

Zumindest eines war schnell geklärt: Neu zu bauen versiegelt Böden, meist weit außerhalb, ist teuer und in unserem Fall logistisch fast nicht zu bewerkstelligen (immerhin hatten wir 400 km zu überbrücken und sind handwerklich weder besonders begabt noch besonders vernetzt). Blieb die Frage, wie alt Bestand sein darf, um brauchbar und sinnvoll zu sein, und ab wann sich ein Neubau lohnt, der kompakt gebaut, gut isoliert ist und vielleicht sparsam heizt. Bald holte die Realität uns ein und zeigte uns, dass auch Sanieren schnell viel Geld und Handwerk erfordert. Es wurde ein nicht so alter Bestand. Immerhin kein Boden zu erschließen, immerhin keine Ressourcen für den Bau notwendig, und neu genug, um gut gedämmt zu sein – was zumindest Heizkosten sparen dürfte.

Neu bauen oder sanieren?
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Neu kaufen oder zu Ende nutzen?

Und dann, als wir so weit waren, kamen die Details. Einige Reparaturen standen an, einzelne Geräte sind zu ersetzen. Beispiel Geschirrspüler: Der vorhandene funktioniert, ist aber schlecht zu beladen, spült unsauber und trocknet nicht. Das bedeutet nicht nur Mehrarbeit, sondern auch mehr Wasser und mehr Energie. Nun sitze ich vor dem Vergleichsportal und versuche ein Gerät zu finden, das energieeffizient ist, leistbar – und lieferbar. Die neuen Energieeffizienzklassen von A bis G haben mich zunächst in die Irre geführt. Das Beste, was momentan zu haben ist, ist Klasse C. Wieder was gelernt.

Natürlich betrifft die Frage irgendwann auch größere Anschaffungen mit mehr Auswirkungen auf das Klima, etwa das Auto. Unseres ist fünf Jahre alt, sehr gut beisammen und groß genug. Aber halt ein Diesel. Der aktuelle Plan: Das Auto zu Ende nutzen und dann das zu diesem Zeitpunkt effizienteste E-Auto anschaffen, das zu unseren Bedürfnissen passt.

Und wie geht es weiter?

Nun wohnen wir in einem großen Haus, das zwar aktuell mit Öl beheizt wird, aber zumindest einen sehr passablen Energieausweis vorweisen kann. Wir haben ein Dieselauto, fahren aber immerhin viele Wege mit dem Rad. Eines nahen Tages wollen wir den Ölbrenner ersetzen. Wir denken über Photovoltaik nach und langfristig über ein E-Auto, das vom eigenen Dach gespeist wird. Außerdem wollen wir wissen, ob Photovoltaik sich auch zum Betrieb einer (E-)Heizung eignen würde. Aber so weit sind wir noch nicht. Im Moment sind wir froh, eines nach dem anderen zu erledigen. Und wir denken bis zur nächsten Förderung oder an das jeweils aktuell kaputte Gerät. Alles andere würde ausufern – und uns überfordern.

Reden hilft … hoffentlich

Bis dahin habe ich beschlossen, viel zu reden. Zum einen, um mich umzuhören. Zum anderen, um klimafreundliche Alternativen möglichst oft zu thematisieren, damit sie im Gespräch sind. Beides zusammen führt vielleicht zu Ideen. Ideen führen vielleicht zu Umsetzungsmöglichkeiten. Zu hoffen ist, dass viele sie umsetzen. Und dass wir doch ein kleines Rädchen in der Energiewende sind, auch wenn ich das zwischendurch oft bezweifle.